- Dauer: 5 Doppelstunden
- Entwickelt: Celine Buldun, Lea Wilsdorf in Dialog mit Chalo
Kurzbeschreibung
Warum gelten einige Kleidungsstücke als besonders weiblich, andere als besonders männlich und war das eigentlich schon immer so? Wie können wir ein Outfit entwerfen, das Gender-fluid ist? Gemeinsam wird untersucht und experimentiert, welche Geschichte genderspezifische Kleidung hat, wie sie Gesellschaft widerspiegelt und wie binäre Kategorien durch Mode aufgebrochen werden können.
Ziele
Der bayerische Lehrplan sieht für die 9. Klasse im Kunstunterricht eine gezielte Auseinandersetzung mit dem Thema Mode vor. Diese Unterrichtskizze ermöglicht eine spielerische Auseinandersetzung mit Mode, knüpft an die Lebenswelt der Schüler*innen an und reflektiert dabei kritisch die Wechselwirkung von Mode und Genderkonstruktionen.
- Die eigene Umwelt kritisch beobachten, analysieren
- Verstehen, wie zeitgenössische Mode binäre Geschlechtskategorien schafft, verstärkt oder auflöst
- kritische Beobachtung, Analyse und Auseinandersetzung mit eigener Umwelt / vorgegebenen Geschlechtskategorien / Modewelt
- Durch Beispiele von Schnitten, Stoffen, Mustern, Farben etc. bewusster wahrnehmen, wie Kleidung aufgebaut ist
- Erfinden und entwickeln eines eigenen Entwurfs
- Experimentieren mit der Darstellung von Körpern und Materialität
- Fertigkeiten im Umgang mit Schnittmustern, Nadel und Faden, Heißkleber, Tacker, etc. erlernen oder vertiefen
- Erkennen, dass die Umwelt (Mode, Genderkonstrukt) von Menschen gestaltet wird und gleichzeitig auf den Menschen Einfluss nimmt
Ablauf
1 Einstieg durch persönliche Reflexion
Die Schüler*innen reflektieren mithilfe eines Fragebogens ihr persönliches Verhältnis und ihre aktuelle Sicht auf Mode. Die Fragen können genutzt werden, um im Anschluss eine gemeinsame Diskussion zu eröffnen. Hierbei ergeben sich evtl. erste Beobachtungen zur Verknüpfung von Gender und Kleidung.
2 Input und eigene Recherche: Geschichte und zeitgenössische Erfahrungen mit Gender-Konnotationen von Kleidungsstücken
Die Schüler*innen informieren sich mithilfe des Arbeitsblattes über die Geschichte einzelner Kleidungsstücke, recherchieren selbst zu der heutigen Verwendung und Konnotation und stellen sich diese im Anschluss sich gegenseitig in kleinen Gruppen oder der Klasse vor.
Anschließend könnte ein kurzes Video gezeigt werden, in dem eine Person, die sich Gender-fluid kleidet, ihre alltäglichen Erfahrungen teilt. Gemeinsam wird reflektiert, wie binäre Vorstellungen unser Modeverständnis prägen und inwiefern auch Gender-fluide/nicht binäre Kategorien von vorherrschenden binären, normativen Vorstellungen abgeleitet werden.
3 Input und Diskussion – Gender-fluide Mode aktuell
Anhand von Bildern von prominenten Personen, die in den (sozialen) Medien häufig für ihre Gender-nonkonformen-Looks diskutiert und gefeiert werden, analysieren und diskutieren die Schüler*innen die unterschiedlichen Elemente der Outfits. Hierbei können das Wissen aus der letzten Stunde zu der Geschichte einzelner Kleidungsstücken, aber auch die in der eigenen Vorstellung vorherrschenden Stereotype zu bestimmten Kleidungsstücken einbezogen und hinterfragt werden. In diesem Fall ist es wichtig, auch zu kontextualisieren, was es bedeutet, diese Looks auf roten Teppichen zu tragen und welche Folgen es gleichzeitig u.a. für queere Personen hat/haben kann, Gender-fluide / Gender-nonkonformen Kleidung im Alltag und auf der Straße zu tragen.
Untersucht werden können auch aktuelle Modekollektionen, Marken, für die sich die Schüler*innen interessieren, die ihnen im Internet oder in Werbungen begegnen oder die sie selbst tragen.
Wie sehr unterteilt die kommerzielle Modewelt in binäre Geschlechterkategorien? Können aber nicht eigentlich alle alles tragen? Und kommt es für interessante Outfits nicht ohnehin auf spannende Kombinationen aus unterschiedlichsten Kollektionen und Kategorien an? In welchen Kategorien könnte Kleidung an Stelle von männlich/ weiblich sortiert sein? Wie wäre eine Sortierung nach Funktion, Farbe, speziellen Schnitten, Art des Kleidungsstücks etc.?
4 Entwurf/Skizzen
Um in den darauffolgenden Stunden eigene Outfits anzufertigen, die Gender-fluiden Logiken folgen, werden nun Entwürfe gezeichnet.
Hierbei kann experimentiert werden, wie sich Schnitte, Stoffe, Farben und Muster darstellen und kombinieren lassen. Auch die Darstellung und Vielfalt von Körpern & Silhouetten, die die Kleidung tragen, können besprochen werden.
Die Outfits dürfen konventionell weibliche und männliche Elemente mischen, müssen das aber nicht unbedingt. Denn sie sollten diese neu denken, dekonstruieren und so die gemeinsam erarbeiteten Fragestellungen aufgreifen und mit einfließen lassen.
5 Praktische Umsetzung Outfit
Im nächsten Schritt sollen die bereits entstandenen Entwürfe in Partner*innenarbeit praktisch umgesetzt werden.
Die Kleidungsstücke könnten modellhaft für eine Gliederpuppe entstehen. Hier wäre es wichtig, die unrealistischen Proportionen und die Problematiken einer vermeintlich neutralen Körperdarstellung, die die Gliederpuppen in sich tragen, anzusprechen. Falls die zeitlichen Möglichkeiten vorhanden sind, können die Schüler*innen auch Modelle von nicht-standardisierten Körpern bauen oder ihre eigenen Körper verwenden und die Kleidung so auch tatsächlich tragen.
Der Materialpool von Stoffresten, alte Kleidung, etc., von Lehrenden und Schüler*innen zusammengetragen, wird gesichtet und mit den Entwürfen abgeglichen. Gemeinsam im Team, oder einzeln werden die Entwürfe mit verschiedenen Techniken umgesetzt.
Einige Materialien werden von der Lehrkraft bereitgestellt, die Schüler*innen bringen – falls vorhanden – Stoffreste, alte Kleidung und andere nützliche Materialien mit.
Das Material wird gesichtet, mit den Entwürfen abgeglichen, diese bei Bedarf leicht angepasst und sich im Team auf je einen der Entwürfe geeinigt.
Gemeinsam werden mögliche Techniken besprochen und von der Lehrkraft erklärt. (Umgang mit Schnittmustern, Nadel und Faden, Heißklebepistolen, Tackern…)
Die Schüler*innen arbeiten gemeinsam an der Realisierung ihrer Entwürfe und werden bei Bedarf von der Lehrkraft unterstützt.
Denkbar wäre, nach Fertigstellung der Outfits auch über Formen der Präsentation und Inszenierung nachzudenken.
6 Reflexion der Schüler*innen
In der abschließenden Reflexion beantworten die Schüler*innen (schriftlich) folgende Fragen:
- In welcher Weise habt ihr das Outfit Gender-fluid gestaltet?
- Was bedeutet Gender-fluid dann eigentlich ?
Was möchtest du aus diesem Projekt für dich mitnehmen?
Die Antworten werden nicht bewertet. Sie dienen dazu, in der Auswertung mögliche Gedankengänge besser nachvollziehen zu können und bei den Schüler*innen eine individuelle Reflexion anzuregen.
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Info Autor*innen
Celine Buldun und Lea Wilsdorf arbeiten seit zwei, beziehungsweise vier Jahren als Kunsterzieher*innen an Münchner Gymnasien.