Kurzbeschreibung

Arbeiten von BiPoC-Künstler:innen wie Renee Cox und Beyoncé, die klassische Werke aus dem Kunstkanon zitieren und neu interpretieren dienen als Ausgangspunkt für eine Analyse und Diskussion über die Sichtbarkeit von BIPoC in der eurozentristischen Kunstgeschichte. Gleichzeitig kann im Vergleich mit den zitierten Originalwerken die Bedeutung von Ikonographie und die Aussagekraft von Symbolen thematisiert und kritisch mit Begriffen wie “Repräsentation, Gender und Macht” auseinandergesetzt werden.

Die Arbeit an eigenen Neuinszenierungen bietet den Schüler*innen die Möglichkeit, die gemeinsam beobachteten künstlerischen Strategien auszuprobieren und zu erfahren, welche selbstermächtigende Wirkung die Repräsentation der eigenen Lebensrealität haben kann.

Ziele

  • Fachbegriffe Kanon, Repräsentation, Referenz, Bildzitat, Ikonographie, Allegorie und Tableaux Vivant kennenlernen und deren Anwendung in der bildenden Kunst sowie in der Popkultur untersuchen
  • Bildanalytische Fähigkeiten entwickeln, um Bedeutungsebenen, Erzählungen und Botschaften in Bildern zu erkennen und zu interpretieren
  • Eine kritische Analyse von Darstellungen üben und Stereotype hinterfragen
  • Wirkungspotential von Neuinterpretationen ergründen
  • Verständnis für die Bedeutung von Bildzitaten fördern

Ablauf

Einführung für Lehrkräfte 

Hier findet sich eine inhaltliche Einführung für Lehrkräfte sowie Vorschläge, welche Bilder beispielsweise für die Stunde verwendet werden können.


Einstieg

Es werden Kleingruppen gebildet, die jeweils an einem Tisch sitzen und jeweils eines der, von der Lehrkraft ausgewählten, Bilder vor sich haben. Zusammen verfasst jede Gruppe eine Bildbeschreibung zu dem dort liegenden Bild. Hier soll über den Bildinhalt gesprochen werden, ohne diesen direkt mit Interpretationen aufzuladen.

Anschließend stellt jede Gruppe ihre Bildbeschreibung im Klassenverband vor. Dabei können die Arbeiten während der Präsentation mit einem Beamer projiziert werden.

 

Fragen an die Klasse und Kontextualisierung der Beispiele:  

  • Was haben die Bilder alle gemeinsam?  
  • Worauf wollen wir hinaus?  
  • Was ist das Thema?  
  • Wie sprechen wir darüber? 
  • Was wird gemacht?
  • Bedeutung und Klärung von Fachbegriffen:
  • Kanon
  • Repräsentation
  • Referenz
  • Ikonographie
  • Allegorie
  • Tableaux Vivant

 

Bildspezifische Kontextualisierung:

Die Gruppen sollen noch mehr über den Kontext und die Entstehung der Arbeiten herausfinden. Als Hilfestellung dient das Arbeitsblatt mit vorgeschlagenen Recherchefragen.

Es wird davon ausgegangen, dass die Schüler*innen die originalen Bilder oder die Referenzen auf kunsthistorische  Bilder nicht kennen. Es werden ihnen deshalb die ursprünglichen Bilder bzw. ikonografische Referenzen aus der  Kunstgeschichte und Alltagskultur zur Verfügung gestellt, um sie mit den gezeigten Werken zu vergleichen. 

 

Mögliche Fragen: 

  • Was wollen uns die Bilder erzählen? 
  • Was fällt euch jetzt auf? Welche Parallelen sind zuvor nicht aufgefallen? 
  • Welche Unterschiede sind zwischen den beiden Arbeiten zu finden und wie können diese interpretiert werden?
  • Welche Message, Erzählung steckt dahinter?
  • Wer spricht?
  • Wer wird nicht gehört?
  • Wer steht im Zentrum und wie?
  • Wie können die Darstellungen der Personen in den zitierten Arbeiten interpretiert werden?
  • Wie ändert sich die ursprüngliche Bedeutung (einzelner Objekte/ des gesamten Bildes) durch das Zitat und die Reinszenierung? 

 

Die Rechercheergebnisse werden mit der Klasse geteilt. Der Moment kann als Anknüpfungspunkt für eine weiterführende Diskussion genutzt werden, die verschiedene Fragen verfolgen kann

  • Wie viel Wissen zu Werken des klassischen Kunstkanons braucht es, um die Zitate zu verstehen?
  • Wie viel darf oder kann an einem Original verändert werden, um noch als Zitat, Remake, Homage, Sample (eher in der Musik verwendet), … erkannt zu werden?
  • (Un-) Sichtbarkeit von BIPoC Körpern:
    • in der Kunstgeschichte
    • in religiösen Ikonographien 
    • in weiteren medialen Darstellungen?
  • Wie können wir Stereotype durchbrechen?


Praktischer Teil

Die Schüler*innen erstellen in Kleingruppen eigene Arbeiten zum Thema Ikonographie.Dabei können sie eines der bereits besprochenen Bilder als Grundlage für ihre Neuinterpretation wählen.
Alternativ gibt es die Möglichkeit ein neues Referenzbild zu suchen (z. B. ein Filmstill, ein Medienbild o. Ä.), das besser zu ihrer eigenen Lebensrealität passt.

Die in der Diskussion heraus gefundenen Assoziationen und Erkenntnisse zu bestimmten Symbolen und erkannten Änderungen in Stil, Darstellungsweisen oder Material können für die eigene Interpretation genutzt werden.

Für die künstlerische Arbeit können Techniken wie Fotografie, Bildbearbeitung, Malerei, Zeichnung etc. verwendet werden. Es wird empfohlen, dass die Lehrperson einen Rahmen vorgibt, welche Techniken im Unterricht zur Verfügung stehen.

Nach der Fertigstellung der künstlerischen Arbeiten verfasst jede Gruppe einen kurzen Werktext, der bei der Präsentation mit vorgestellt wird.

Abschluss
Präsentation der Arbeiten und Reflexion im Klassenverband 

Info Autor*innen

Petz ist Assistenz der Abteilung Fachdidaktik – Vermittlung – Forschung in der Kunstuni in Linz. Davor unterrichtete dey neun Jahre in einem Gymnasium in Wien. Dey verwebt künstlerische, forschende und kunstpädagogische Praktiken mit queer-feministischen, post- und dekolonialen Perspektiven unter anderem in erinnerungspolitischen Interventionen und Projekten.

Kurzbeschreibung

Der Dokumentarfilm als Wiedergabe der Realität? Ganz so einfach ist es nicht. Beim Montieren, Zeit raffen, Videos neu zusammenschneiden, Sound bearbeiten und in der Diskussion exemplarischer Filmbeispiele hinterfragen die Schüler*innen die Produktion von Dokumentarfilmen.

Ziele

-Multiperspektivische Erfahrungen auf Räume und Situationen öffnen

-Eigene Rolle als betrachtende, beobachtende sowie performende Person erkunden

-Blickrichtungen ändern und neue Perspektiven finden

-Selbst- und Fremdwahrnehmung durch dokumentarische Arbeitsweisen hinterfragen

- Experimentieren mit verschiedenen Video- und Schnitttechniken wie Montage, Zeitraffer, Zeitlupe, Voiceover



Ablauf

Einführung:

Verschiedene Formen des (dokumentarischen) Erzählens in Video/Film werden vorgestellt. Als mögliche Definition des Dokumentarfilms kann der Eintrag im Filmlexikon dienen.

 

Mögliche Fragestellungen zur Hinführung an das Thema:

Was ist ein Dokumentarfilm und was unterscheidet ihm zum Spielfilm? Welche Dokumentarfilme kennen wir?

Wie hat sich der Dokumentarfilm historisch entwickelt und welche Formen gibt es?

In welchem Verhältnis zur Wirklichkeit steht der Dokumentarfilm?

Wie können Dokumentarfilme diesbezüglich kritisch hinterfragt werden?

 

Exemplarischer Film:

Als Beispiel für einen kontrovers diskutierten Dokumentarfilm wird Paris is Burning (Jennie Livingston) ganz oder in Auszügen angeschaut und anschließend gemeinsam diskutiert. Der Film kann auch anhand der Debatte im „Guardian“ besprochen werden.

Weitere mögliche Fragestellungen:

Was ist an dem Film kritisch zu hinterfragen

Wer hat den Film gedreht?

Welche Machtverhältnisse entstehen zwischen beobachtender Person und

beobachteten Person und warum?

 

Verfahrensweisen sprechen:Anhand des gezeigten Filmbeispiels können Verfahrensweisen wie Montage, Zeitraffer/-

lupe und Voiceover, sowie deren Einfluss auf die Erzählstruktur und die

unterschiedlichen Rollen von gefilmten Personen, Personen hinter der Kamera und betrachtenden Personen besprochen werden.

(Wer beobachtet? Wer wird beobachtet? Aus welcher Perspektive wird auf Personen geschaut, wie deren Geschichte erzählt? In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen Narrative zueinander?)

 

Videoproduktion:Nun produzieren die Schüler*innen in Kleingruppen eigene Videodokumentationen über jeweils eine der anderen Gruppen. 

Im Fokus der Videos soll die Differenz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung und das Spannungsverhältnis zwischen den unterschiedlichen Narrativen stehen. Während der Produktion setzen sich die Schüler*innen mit Praktiken des dokumentarischen Erzählens auseinandersetzt und setzen gezielt die angesprochenen Verfahrensweisen ein. 

Formelle Vorgaben für das Video:

-Länge ca. 5 Minuten

-Qualität von Handyaufnahmen ist ausreichend

-in Gruppenarbeit erstellt

 

Postproduktion 

Aufnahmen können anschließend manipuliert und bearbeitet werden. Zum Beispiel Nachvertonung und Schneiden, auch schon vorhandenes Material darf verwendet werden. Dazu werden eventuell vorhandene Handys verwendet oder von der Schule zur Verfügung gestellte Tablets verwendet.

 

Abschluss:

Wenn die Montage abgeschlossen ist, werden in der abschließenden Doppelstunde alle Videos gemeinsam angeschaut und besprochen.

-Welche Wirkung haben die Videos auf uns?

-Welche filmischen Mittel wurden eingesetzt?

-In welchem Verhältnis steht das Dargestellte zur erlebten Realität?

-Wie fühlt ihr euch mit den über euch gedrehten Dokumentationen?



Ressourcen

Kurzbeschreibung

Die Schüler*innen nähern sich dem kreativen Schreiben als Kunstform an. Konkrete Übungen, Arbeit und Austausch in Kleingruppen sowie ein anregendes DaDa Lautgedicht erleichtern das Schreiben. In der abschließenden Aufführung kann Sprache und Sprechen als (er)mächtigend erfahren werden.

Ziele

- Kreatives Schreiben und Vortragen als künstlerische Praxis entdecken
– Prozesse wertschätzen lernen
– assoziative Räume eröffnen und kultivieren
– mit Worten und spontanen Assoziationen frei umgehen lernen
– kollaborative kreativitätsfördernde Strategien als fächerübergreifende Methode begreifen
– sich einem Thema ohne Bewertung, aber wertschätzend nähern
– Sprache als machtvolles und formbares Material dekonstruieren lernen

Ablauf

Brainstorming:

Brainstormen von Vorstellungen, was kreatives Schreiben ist.

Kritische Diskussion des Begriffs Kreativität und der Idee von Originalität. Vorstellen der Arbeitsweise von Remix Culture, die mit schon Vorhandenem arbeitet.

 

Angeleitete Schreibübungen

Eine Reihe kurzer Schreibübungen (1:30 min) helfen in Fluss zu kommen: Nach der Aufwärmübung ABC arbeiten alle in drei methodischen spielerischen Schritten Wortassoziationen – Brücken bauen – Springbrunnen an eigenen Mindmaps.

Die Übungen eignen sich auch außerhalb des Kunstunterrichts als Methode, um Themen aufzumachen und thematisch auszubreiten.

Brücken bilden

Jede Person bringt nun einen eigenen Fundus an Wörtern, Sätzen, Assoziationen zum bestimmten Thema mit, in diesem Beispiel: „Im Fluss“.. Um die Angst vor dem weißen leeren Nichts zu nehmen, wird das Thema mittig auf ein großes Blatt Papier geschrieben und alle schreiben einen Satz aus den vorherigen Übungen dazu. Beim Lesen der einzelnen Sätze werden Brücken gebaut: Sätze mit Linien verbunden oder ergänzende Verbindungssätze dazugeschrieben. So entsteht eine Zeichnung sich begegnender Linien und Worte.

 

Textarbeit in kleinen Gruppen (ca. 20min)

Zufällig gebildete Kleingruppen arbeiten an eigenen Texten. Es gibt die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Herangehensweisen. Zum gesetzten Thema „Im Fluss“ kann entweder ein Gedicht geschrieben, oder ein Text aus einem Song, Gedicht, Zeitungsbericht, Werbung umgeschrieben und adaptiert werden.


Aufführung

Als Input zur Aufführung wird der Klasse ein Dada Lautgedicht zum Beispiel von Hugo Ball: “Karawane” vorgespielt. Als Lautgedicht oder auch Lautpoesie benannt, ist es vergleichbar mit abstrakter Malerei. Die Sprache bildet nicht mehr etwas ab, sondern wird rein formal angewendet. Die Gedichte nähern sich der Musik an. Der Impuls soll zu spielerischen und unkonventionellen Formen ermuntern. Eine historische Einordnung zu Dada als Kunstform bietet sich an.

Das Lautgedicht lässt sich gut vorlesen und/oder als Video abspielen.

 

Zur Vorbereitung der Abschlusspräsentation überlegt jede Gruppe (5 min), wie und in welcher Form sie ihren Text präsentieren will. Folgende Leitfragen helfen dabei: Ist Sprache noch erkennbar? Wiederholen sich Wörter? Soll Sound dazukommen? Hilft das Wiederholen von Wörtern zur Rhythmisierung? Wann spreche ich laut oder leise? Wer spricht von welcher Seite vom Raum? 

Die Gruppe bespricht die verteilten Rollen der Beteiligten, sodass alle einen Weg finden, auf ihre eigene Weise etwas beizusteuern.

 

Vor der Aufführung gibt die Lehrkraft folgende Hinweise: „Nichts wird dokumentiert. Die Aufführung existiert nur für den Moment. Es ist ein Experimentieren. Sich trauen, was auszuprobieren. Wahrnehmen, auf uns wirken lassen, Es geht heute nicht um das Bewerten. Ein Experimentierraum.“







Info Autor*innen

Franziska studiert Kunstpädagogik.

Die Unterrichtsidee ist von der eigenen künstlerischen Praxis ausgehend entstanden und wurde im Rahmen des studienbegleitenden Praktikums getestet.